Bertolt Brecht Gastprofessur der Stadt Leipzig

Zur Einbindung internationaler Expertise in die Forschung, Lehre und öffentliche Vermittlung aktueller theater- und kulturbezogener Fragestellungen wurde zum Wintersemester 2017/18 am Centre of Competence for Theatre die Bertolt Brecht Gastprofessur der Stadt Leipzig eingerichtet. Diese bringt den nachhaltigen Theorie-Praxis Transfer zwischen Wissenschaften und Künsten sowohl in die Lehre am Institut für Theaterwissenschaft als auch in den öffentlichen Diskurs der Stadt Leipzig ein. Die Gastprofessur wird halbjährlich an herausragende Praxisvertreterinnen und -vertreter der darstellenden Künste und ihrer medialen Reflektion vergeben, welche eine nachweisliche Bereicherung des wissenschaftlichen Diskurses und/oder der wechselseitigen Reflektion von Theorie und Praxis des Theaters in allen seinen Spielformen zu erbringen versprechen. 

Die Gastprofessur wird im Sommersemester 2024 – unter dem Vorbehalt seiner Ernennung durch das Rektorat – mit Stefan Kaegi besetzt; einem der bekanntesten und bedeutendsten Regisseure, Kuratoren und Hörstückproduzenten der jüngeren Vergangenheit. Sowohl als Teil des Produktionskollektivs Rimini Protokoll (zusammen mit Helgard Haug und Daniel Wetzel) als auch in verschiedenen anderen Konstellationen inszeniert er dokumentarische Theaterstücke, Stadtraumerkundungen und Hörspiele. Oft werden seine die Arbeiten zu immersiven und partizipativen Theaterräumen, die sich auch für posthumane Perspektiven interessieren. Stetiges Ziel Kaegis ist es, die gefühlte Realität aufzubrechen und all ihre Facetten auch aus ungewöhnlichen Blickwinkeln zu präsentieren. Die Projekte von Rimini Protokoll erhielten weltweit zahlreiche Preise und Ehrungen. 2007 wurden sie mit dem Deutschen Theaterpreis FAUST und 2008 mit dem europäischen Preis „New Realities in Theatre“ ausgezeichnet. 2011 erhielten sie den Silbernen Löwen der Theater-Biennale von Venedig und 2013 den „Excellence Award“ des japanischen Media Arts Festival für die Multiplayer Theaterinstallation „Situation Rooms“ zum globalen Waffenhandel. 2010 erhielt Stefan Kaegi den „Routes Award for Cultural Diversity“ der Europäischen Kulturstiftung und 2015 mit Rimini Protokoll den Grand Prix Theater des Schweizer Bundesamtes für Kultur. Weitere Informationen zu Rimini Protokoll und Stefan Kaegi finden Sie hier: www.rimini-protokoll.de.

Die Nominierung von Stefan Kaegi als Bertolt Brecht Gastprofessor im Sommersemester 2024 steht im Kontext der für Juni 2024 bevorstehenden Ausrichtung des 16. Kongresses der Gesellschaft für Theaterwissenschaft (gtw) in Leipzig durch das ITW, das CCT und das Tanzarchiv Leipzig mit dem Motto „Offene Räume“. Mit seinem Gespür für die politische Funktion städtischer Räume und Begegnungen von Menschen mit diesen will er gemeinsam mit den Studierenden im Szenischen Projekt universitäre Räume und deren historischen Schichtungen sowie Inszenierungs- und Verhaltensweisen, die diese Räume (re)produzieren, untersuchen und verfremdend zur Erfahrung bringen.

 

Veranstaltungen im Rahmen der Gastprofessur

18.04.2024, 18:00 Uhr, Feierlicher Empfang von Stadt und Universität Leipzig in der Alten Börse, Naschmarkt 1, 04109 Leipzig

Weitere Termine sind in Planung. Informieren Sie sich gern näher über unseren Kalender.

 

Frühere Gastprofessuren

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2023/24 — Shahrzad Rahmani

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2023/24 mit Shahrzad Rahmani besetzt, eine der interessantesten freien Bühnenbildner:innen und Szenograf:innen der jüngeren Generation. Neben der Gestaltung von Bühnenräumen hat ihre Arbeit einen weiteren Schwer­punkt auf Rauminszenierungen und Installationen im urbanen Kontext. Mit ihrem Gespür für die politische Funktion szenischer Räume und Raumverhältnisse innerhalb wie außerhalb der Bühnenhäuser knüpft ihre Arbeit in vieler Hinsicht an Brecht an, der schon Ende der 1930er Jahre die Straßenszene als Modell für ein episches, politisch engagiertes Theater empfahl.

Aufgewachsen in Teheran, schloss Frau Rahmani zunächst ein Studium der Architektur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit Auszeichnung ab und absolvierte dann den Masterstudiengang Bühnenbild und Szenografie an der TU Berlin. Sie war bereits an Ausstellungen am ZKM Karlsruhe, MIT Boston und am Guggenheim Museum in New York City beteiligt. Von 2015 bis 2021 an war sie Ausstattungsleiterin für das Themenfestival Herbstsalon am Maxim Gorki Theater Berlin, wo sie 2016 auch das Bühnen-/Raumdesign für das Projekt „Flüchtlinge fressen“ des Zentrums für politische Schönheit gestaltet hat. Beim aktuellen Festival „Gezi – Ten Years After“ ist am Gorki-Theater noch­mals ihre gemeinsam mit dem Journalisten Can Dündar ausgehend von dessen Hafterfahrung ent­wickelte Installation „SILIVRI. prison of thought“ zu sehen. Als Mitglied des Künstler:innenkollektivs „Guerilla Architects“, das sich kritisch mit Stadtgestaltung und dem Verlust von Lebensräumen in Großstädten auseinandersetzt, etabliert sie an unterschiedlichen Schauplätzen in Berlin die Interven­tionsform „urbane Praxis“, die auch divers kulturelle Nachbarschaften vor Ort mit einbezieht.

Die Nominierung von Shahrzad Rahmani als Bertolt Brecht Gastprofessorin im Wintersemester 2023/24 steht im Kontext der für Juni 2024 bevorstehenden Ausrichtung des Kongresses der Gesell­schaft für Theaterwissenschaft (gtw) in Leipzig durch das ITW und das CCT, mit dem Motto „Offene Räume“. Dafür wurde gemeinsam mit den Studierenden des Szenischen Projektes ein Parcours durch die beiden Häuser Schaubühne Lindenfels und Lindenfels Westflügel erarbeitet, der bereits zum Ende des Wintersemesters präsentiert wurde und zur Eröffnung des Kongresses der gtw wiederaufgenommen werden soll. Einblicke in die Arbeit der Studierenden finden Sie hier: narrative runden.

Der Öffentliche Empfang zu Ehren der Bertolt Brecht Gastprofessorin der Stadt Leipzig Shahrzad Rahmani fand am

Dienstag, 14. November 2023, 16:30 Uhr
im Alten Senatssaal der Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig statt.

 

Weitere Veranstaltungen im Rahmen der Gastprofessur von Shahrzad Rahmani:

09.01.2024, 18.00 Uhr, Bertolt Brecht Gastprofessorin Shahrzad Rahmani im Gespräch: Theater als urbane Praxis. Veranstaltungsort ist der grüne Salon in der Schaubühne Lindenfels, Karl-Heine-Straße 50

13.01.2024, 15.00 Uhr, Präsentation des Szenischen Projekts: narrative runden – Interaktive Expedition durch die Häuser der Schaubühne Lindenfels und des Westflügels, Karl-Heine-Straße 50

Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2023 — Jossi Wieler & Sergio Morabito

Die Gastprofessur wurde im Sommersemester 2023 mit Jossi Wieler und Sergio Morabito besetzt. Jossi Wieler (*1951) und Sergio Morabito (*1963) gehören zu den bedeutendsten Regisseur:innen des zeitgenössischen Musiktheaters. Ihre Inszenierungen, die sie seit 1994 gemeinsam verantworten – daher werden sie sich die Gastprofessur teilen – haben Operngeschichte geschrieben. Mehrfach wurden ihre Arbeiten von Fachzeitschriften zur „Inszenierung des Jahres“ gewählt, zweimal wurden sie mit dem deutschen Theaterpreis „Der Faust“ ausgezeichnet. Die Staatsoper Stuttgart wurde unter der Intendanz von Jossi Wieler (2011–2018) und der Chefdramaturgie Sergio Morabitos zum „Opernhaus des Jahres“ gewählt (2016/17). Jossi Wieler erhielt 2016 den Kulturpreis Baden-Württemberg und 2017 den Verdienstorden des Landes. Sergio Morabitos Buch „Opernarbeit“ wurde 2020 in einer Umfrage unter internationalen Kritikern von der Zeitschrift Opernwelt als „Buch des Jahres“ ausgezeichnet.

Es zeichnet die Arbeit von Jossi Wieler und Sergio Morabito aus, dass sie ihre Inszenierungen aus einer genauen Lektüre der Libretti und Partituren der jeweiligen Opern entwickeln. Libretto-Dichtungen stellen für sie ein reichhaltiges sprachliches Kondensat dar, das man in einem close reading entziffern muss wie eine DNA. Von hier aus, auf der Grundlage einer Gesamtanalyse des jeweiligen Werkes, finden sie sinnlich überzeugende Lösungen für die einzelnen Szenen. Sie sind das Ergebnis einer oft verblüffen-den Re-Lektüre scheinbar bekannter Opernfiguren und der intensiven Arbeit mit den Sänger-Schau-spieler:innen. Ebenso bedeutsam für ihre Inszenierungen ist die kongeniale Zusammenarbeit mit der Bühnenbildnerin Anna Viebrock, die, ohne platte Aktualisierungen, Räume zwischen Damals und Heute entwirft, die eine historische Erfahrung der Gegenwart ermöglichen.

Zu weiteren biographischen Angaben zu Jossi Wieler sowie Sergio Morabito siehe die Website der Wiener Staatsoper.

Ein Gespräch zwischen Günther Heeg und den beiden Gastprofessoren zu ihrer Arbeit mit den Studierenden finden Sie auf unserer Seite zum Musiktheatersommer 2023.

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2022/23 — Marina Schubarth

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2022/23 mit Marina Schubarth besetzt, einer hervorragend profilierten Regisseurin zeitgenössischer dokumentarischer Theaterarbeit. Aus Kiew stammend und in der Schweiz aufgewachsen absolvierte sie ein Studium zur Balletttänzerin in Budapest. Nach dem gesundheitsbedingten Ende der Tanzkarriere begann ihre nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Faschismus in Osteuropa. Eine besondere Bedeutung spielte hier die Perspektive der Opfer und ihre beispielhaften und vom Vergessen bedrohten Biografien. Bereits 2002 erhielt sie zusammen mit Eberhard Radczuweit die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte für ihre Arbeit bei KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V., Verein für Kontakte zu Ländern der ehemaligen Sowjetunion.

Seit 2003 ist Marina Schubarth Künstlerische Leiterin des dokumentartheater berlin. Hier verbindet sich ihre künstlerische Arbeit mit politischem Engagement. Ihre dezidiert politischen Theaterproduk­tionen wurden mehrfach zu nationalen und internationalen (Amateur-)Theaterfestivals u.a. in Spanien, Kanada, Polen, Ukraine und der Slowakei eingeladen. 2009 vertrat das dokumentartheater auf Vorschlag des Bundes Deutscher Amateurtheater Deutschland beim Mondial du Théâtre in Monaco. Neben zahlreichen Preisen für verschiedene Inszenierungen wurde das dokumentartheater 2018 für die Arbeit „AKTE/NSU“ als Preisträger im Wettbewerb „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet. Zuletzt erhielt das dokumentartheater für das deutsch-ukrainische Theaterprojekt „Babyn Jar – ein Requiem“ den Franz-Bobzien-Preis für Demokratie und Toleranz.

Ganz im Sinne Brechts ist Marina Schubarths Theaterverständnis mit einem Konzept politischer und ästhetischer Bildung verknüpft, das nicht auf Belehrung und kognitive Erfassung setzt, sondern auf transkultureller Erfahrung und biografisch inspiriertem Erzählen basiert. Mit den Studierenden wird Frau Schubarth im Wintersemester ein szenisches Projekt zu ‚Geschichte(n) unter Beschuss‘ durchführen, während zugleich mehrere öffentliche Veranstaltungen – u.a. im Rahmen der euro-scene 2022 – historische und aktuelle Themen von Krieg und Gewalt in Europa thematisieren werden.

Weitere Informationen zu Marina Schubarth und dem Dokumentartheater unter: das-dokumentartheater-berlin.de

Bei dem Format „MDR Kultur trifft Menschen von hier“ wurde Marina Schubarth zu ihrer Arbeit, unter anderem als Bertolt Brecht Gastprofessorin, dem Ukraine-Krieg und ihrem Leben interviewt. Den vollen Beitrag finden Sie hier: https://www.mdr.de/kultur/podcast/trifft/audio-marina-schubarth-regisseurin-ukraine-krieg-100.html

Des Weiteren wird sie auch auf der Website der Universität Leipzig vorgestellt unter: https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/marina-schubarth-wird-bertolt-brecht-gastprofessorin-2022-10-20

 

Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2022 — Marta Górnicka

Die Gastprofessur wurde im Sommersemester 2022 mit der polnischen Regisseurin Marta Górnicka besetzt. Sie ist eine der profiliertesten europäischen Regisseur*innen für zeitgenössische Theaterarbeit mit Chören. Ihre besondere Verknüpfung von politischem Engage­ment und künstlerischer Arbeit ist gerade darin von Brecht inspiriert, auch die einander widerstreiten­den Stimmen in gesellschaftlichen Konflikten zu Gehör zu bringen und das Publikum / die jeweilige Öffentlichkeit mit der Frage seiner/ihrer eigenen Position zu konfrontieren. Seit 2019 leitet sie das POLITICAL VOICE INSTITUTE am Maxim Gorki Theater. Das Institut ist ein Workshop-Zentrum für die Erarbeitung der kollektiven Stimme, des kollektiven Körpers und einer Sprache des/der Unterdrückten und Verdrängten.

Ihr Regiestudium absolvierte Górnicka an der Warschauer Theaterakademie, der Frédéric Chopin School of Music und der Universität Warschau. Mit Unterstützung des Polnischen Theaterinstitutes gründete sie dort 2009 den Chorus of Women. Ihre Stücke Magnificat und Requiemachine wurden bei mehreren internationalen Festspielen, u.a. Foreign Affairs in Berlin (2014), Spring in den Niederlanden und dem Mess Festival in Sarajevo aufgeführt. Magnificat gewann mehrere Preise, u.a. bei Fast Forward, einem europäischen Festival für junge Regisseur*innen in Braunschweig. Dort schrieb sie in freier Ausein­andersetzung mit Bertolt Brecht ihr erstes Stück auf Deutsch: M(other) Courage, das 2016 für den deutschen Theaterpreis Der Faust in der Rubrik Schauspiel-Regie nominiert wurde. Nach den Chor-Produktionen Hymne an die Liebe (Maxim Gorki Theater 2017) und Jedem das Seine. Ein Manifest über Neofaschismus und Backlashs gegen den weiblichen Körper (Münchner Kammerspiele und Maxim Gorki Theater in Koproduktion, 2018) arbeitete sie auch mit der chorischen Artikulation von Gesetzestexten im öffentlichen Raum, u.a. bei der Performance GRUNDGESETZ vor dem Brandenburger Tor (2018) und vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (2019). In ihrer neuesten Produktion Still Life (Gorki Theater, 2021) dehnt sie das Prinzip der chorischen Artikulation auch auf den Horizont jenseits der menschlichen Stimme(n) aus, um den drängenden Fragen zu den Auswirkungen und den Grenzen des sogenannten Anthropozäns nachzugehen.

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2021/22 — Toshiki Okada

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2021/2022 mit dem japanischen Regisseur Toshiki Okada besetzt. Er ist einer der bedeutendsten Regis­seu­re des japanischen Gegenwartstheaters mit internationaler Wirkung und Ausstrah­lung. Er leitet seit 1997 die japanische Theatergruppe chelfitsch in Tokio und ist mit ihr in Gast­spielen und Gastproduktionen u.a. in New York, Brüssel, Wien, Dublin, Taipei, Bangkok und an zahlreichen Orten in Japan und Deutschland hervorgetreten. Okada und seine Company haben zahlreiche internationale Preise und Auszeichnungen erhalten.

Toshiki Okada und chelfitsch adressieren auf eine ganz eigene Weise aktuelle politische Entwicklungen, indem sie insbesondere die ‚verlorenen Generationen‘ jüngerer Zeit in Japan, ganz Asien und weltweit in den Blick nehmen: globale Rezessionen, neoliberale Arbeits- und Lebens­modelle sowie unterkühlte Entwürfe des Zusammenlebens ohne Sicherheit und Solidarität stellen den Hintergrund vieler Produktionen dar, die sich zudem oft mit den konkreten, lokalen politischen Kontexten auseinandersetzen. Okada und chelfitsch beziehen sich dabei implizit und explizit auf Bertolt Brecht: Ihr politisches Interesse kommt in einem eigenen sprachlichen und choreografischen Stil zum Ausdruck, der auf der Ver­wen­dung einer hyperrealen, abstrakten und stark rhythmisierten Umgangssprache und davon dezi­diert abgetrennten choreografischen Bewegungselementen beruht. Mit dieser Trennung knüpft Okada unmittelbar an das Gefühl der eigenen Entfremdung beim Publikum an.

 

 

Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2021 — Gardi Hutter

Die Gastprofessur wurde im Sommersemester 2021 mit Frau Gardi Hutter besetzt. Mit den von ihr kreierten und in fünfunddreißig Ländern gespielten Clown-Theaterstücken ist die Schweizerin Gardi Hutter eine Schauspielerin von internationalem Renommee. Ihre Kunstfigur Clown Hanna vermag in allen Sprachen zu spielen und wird weltweit verstanden. Die ›Reisewege‹ des Doubles Figur/Schauspielerin führen zu der so traditionellen wie aktuellen Befähigung des Clowns, implizites Wissen von der Lebens- und Überlebenskunst physisch-leiblich zu vermitteln. »Clowns wühlen mit Vorliebe«, so Gardi Hutter, »in Tabuzonen. Unheimliches, Verbotenes, Verdrängtes, Verkrampftes sind mit Angst besetzt. Das schallende Lachen darüber entspannt.« Gardi Hutter gehört zu den ganz wenigen mit einer stehenden Figur auftretenden KünstlerInnen, die den Clown als Theater- und sogar als Festfigur verstehen und praktizieren. Darin liegt ein tieferer Grund für ihren großen, über vier Jahrzehnte erzielten Erfolg beim Publikum. Clown Hanna, 1981 ›geboren‹, feiert 2021 vierzigsten Geburtstag.

Mit den von ihr kreierten Solo-Clown-Theaterstücken: Jeanne d’ArPpo – Die tapfere Hanna (1981), So ein Käse (1988), Die Souffleuse (2003), Die Schneiderin (2010) sowie mit dem neuesten, in Company entwickelten und gespielten Stück Gaia Gaudi (2018) tourt sie in Europa und auf den anderen Erdteilen. Weitere in Company entwickelte Stücke waren Abra Catastrofe – Eine Hexenkomödie (1984), Sekretärin gesucht (1994), Das Leben ist schon lustig genug (1998) und das Zirkusprogramm Hanna + Knill beim Schweizer National Cirkus Knie sowie die Musicals 3 Bräute für 1 Halleluja (2005/06), Honkystonky by Huttistucky (2006) und Wanderful – There’s no Piz like Show Piz (2014). Als Höhepunkt ihres clownesken Daseins gilt Gardi Hutter ihr Auftritt als »Hofnärrin« im Schweizer Parlament anlässlich des 700-jährigen Bestehens der Schweiz und des 20-jährigen Frauenstimmrechts: Am Schluss einer Frauensession mit Politikerinnen aus dem In- und Ausland kommt eine Putzfrau herein, die schon seit 700 Jahren den Nationalratssaal putzt; sie wirbelt alles durcheinander und verteilt Besen, hier muss sauber gemacht werden. Neben ihren Schauspieler-Stücken sowie Film- und Fernsehproduktionen hat Gardi Hutter drei Kinderbücher und eine Art poetische Fabel für Erwachsene veröffentlicht. Seit 1983 hat sie unzählige, mit ihren Tourneen verbundene Workshops in vielen Ländern Europas, Nord- und Südamerikas sowie Asiens (China) gegeben. Darüber hinaus verfügt sie auch über Lehrerfahrung an Hochschulen (Theaterhochschule Leipzig, Abteilung Schauspiel, 1990/91, Universität Leipzig, ITW, 2008/09, Zürcher Hochschule der Künste, Dep. für Schauspiel und Theaterpädagogik, 2015 und 2018). Gardi Hutter wurde mit 18 nationalen und internationalen Preisen geehrt, darunter mit dem »Hans Reinhart Ring« (1990) und dem »Honory companion ZHdK«, dem Ehrenpreis der Zürcher Hochschule der Künste (2019).

Weitere Informationen zu Gardi Hutter unter www.gardihutter.com.

Zudem finden Sie hier die Aufzeichnungen des Feierlichen Empfangs von Gardi Hutter und das Gespräch zu „Clown heute“.

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2020/21 — Be van Vark

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2020/21 von Frau Be van Vark besetzt, einer der bedeutendsten freien Choreografinnen und Tanzpädagoginnen Deutschlands mit internationaler Wirkung und Ausstrahlung. Ihre Choreografien und partizipativen Tanzprojekte entstehen und touren weltweit. Sie initiiert Tanzprojekte, die in den verschiedensten sozialen Kontexten realisiert werden und welche häufig im urbanen Raum stattfinden. Die gesamte Bandbreite ihrer choreografischen Arbeit ist charakterisiert durch die Leidenschaft, unterschiedliche Menschen und Stile zusammenzubringen, einen genauso wie hunderte von Menschen zu bewegen, Projekte für die Bühne und den öffentlichen Raum zu entwickeln.

Seit 2002 arbeitet sie mit dem von ihr entwickelten Konzept „tanztheater-global“, das auf internationaler Ebene Laien mit professionellen Performern zusammenführt. Seit 2011 ist sie zudem Vorsitzende des von ihr initiierten Vereins „Tänzer ohne Grenzen e.V.“., mit dem sie seither in Kooperation mit verschiedensten Institutionen Projekte realisiert, so z.B. die Produktion LaborHeim@Berlin mit jungen Berliner Tänzern und Geflüchteten in Kooperation mit dem Theater Strahl (2015), das Projekt Landpartie (2017) und das Filmtanzprojekt About laughing im Rahmen des 7. Internationalen Animationsfilmfestivals Nikosia, Georgien (2017).  Seit 2016 arbeitet sie mit der Stiftung Genshagen innerhalb des Formates „Nomadisches Labor“, welches international transkulturelle Tanzprojekte initiiert. 2018 wurde Be van Vark für ihre Arbeit vor allem mit „Tänzer ohne Grenzen“ mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Weitere Informationen zur Bertolt Brecht Gastprofessorin der Stadt Leipzig im Wintersemester 2020/21 unter https://bevanvark.wordpress.com/.

 

Aufgrund der COVID-19-Pandemie fielen im Wintersemester 20/21 die öffentlichen Veranstaltungen im Rahmen der Bertolt Brecht Gastprofessur leider aus. Die Gastprofessur fand aber weiterhin, mit Einschränkungen, die der aktuellen Situation entsprechen, statt. Wir bemühen und die ausgefallenen Veranstaltungen im folgenden Semester nachzuholen.

Eine Dokumentation von studierender Seite des szenischen Projekts findet auf Instagram statt: @dis_tanzen.

Hier finden Sie zudem die Abschlusspräsentation des Szenischen Projektes dokumentiert, welche am 23. Januar 2021 digital stattfand: https://youtu.be/l6WnxfLiNl8.

 

Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2020 — Gardi Hutter — AUSGESETZT

Aufgrund der COVID-19-Pandemie, musste die Gastprofessur im Sommersemester 2020 leider ausgesetzt werden.
Gardi Hutter wird aber die Gastprofessur im Sommersemester 2021 bekleiden.

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2019/2020 — Antonia Baehr

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2019/20 mit Frau Antonia Baehr besetzt, einer international tätigen und renommierten Choreografin, Performerin, Filmemacherin und bildenden Künstlerin. Antonia Baehr lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Stücke untersuchen unter anderem die Fiktion des Alltäglichen und des Theaters. Baehr studierte bei Valie Export in Berlin und absolvierte ihren Master am School of the Art Institute of Chicago. Seit 2006 unterrichtet sie als Gastprofessorin an verschiedenen Hochschulen Europas. Baehr ist Produzentin des Pferdeflüsterers und Tänzers Werner Hirsch, des Musikers und Choreografen Henri Fleur, des Composer/Performers und Ex-Ehemanns Henry Wilde u.a.

Ihre bekanntesten Bühnenproduktionen, in welchen sie teilweise selbst in verschiedenen Figuren auftritt, waren bisher: Un après-midi (2003), Danke (2006), Lachen (2008), Over The Shoulder (2009), For Faces (2010), Abecedarium Bestiarium (2013), The Wildes (2014), Misses und Mysterien (2015), Normal Dance (2016), Musik für tote Tiere (Serie, seit 2017) und Exit (2018). Neben ihren Theater- und Performancearbeiten sowie Einzel- und Gruppenausstellungen hat Antonia Baehr bereits mehrere Bücher veröffentlicht und zwei Hörspiele produziert.

„Behind the make up we find no truth but true make up.“

Publikumsgespräch mit der Bertolt Brecht Gastprofessorin Antonia Baehr, Ulrike Melzwig und Prof. Dr. Patrick Primavesi

Donnerstag, 28. November 2019, 20 Uhr
Residenz Schauspiel Leipzig

Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2019 — Michael von zur Mühlen

Die Gastprofessur wurde im Sommersemester 2019 von Herrn Michael von zur Mühlen besetzt, einem der interessantesten Regisseure und Dramaturgen europäischen Gegenwartstheaters. Seit 2004 inszeniert er genreübergreifend Schauspiel, Oper und zeitgenössisches Musiktheater u.a. am Forum Neues Musiktheater der Staatsoper Stuttgart, der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, der Oper Leipzig, dem Nationaltheater Weimar, dem DT Göttingen, dem Staatstheater Darmstadt, der Staatsoper Berlin und der Oper Halle.

Seit Beginn der Spielzeit 2016/17 ist er Regisseur und Chefdramaturg im Leitungsteam der Oper Halle, deren avanciertes Programm seit dem künstlerischen Neustart im Sommer 2016 deutschlandweit große Beachtung gefunden hat. So erhielt die Oper Halle bspw. in der Saisonbilanz 17/18 der Fachzeitschrift Die Deutsche Bühne in der Kategorie „Überzeugendste Theaterarbeit abseits großer Theaterzentren“ die meisten Nennungen und wurde damit als wichtiger kultureller Leuchtturm ausgewiesen.

Eine wichtige Rolle in der Arbeit von zur Mühlens spielt die Auseinandersetzung mit Bertolt Brecht, dessen Werke Die heilige Johanna der Schlachthöfe, Leben des Galilei, Lehrstück und Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny er inszenierte. Zur Mahagonny-Inszenierung (2016, Oper Halle) schrieb Theater der Zeit: „Das ist Kapitalismuskritik auf der Höhe ihres Gegenstandes.“

Michael von zur Mühlen studierte Musikwissenschaften und Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin und Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Er ist regelmäßiger Gast bei Podiumsdiskussionen (u.a. Salzburger Festspiele, Akademie der Künste, Staatsoper Berlin, Brechthaus Berlin) und veröffentlichte Essays und Beiträge zu Musik und Theater in Zeitschriften wie Die Deutsche Bühne und Theater der Zeit.

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2018/19 — Helena Waldmann

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2018/19 von Frau Helena Waldmann besetzt, einer der bedeutendsten freien Tanzregisseurinnen des europäischen Gegenwartstheaters. Ihre Choreographien entstehen und touren weltweit. Die Themen ihrer Arbeiten reichen von der erschreckend anarchischen Freiheit der Demenz (revolver besorgen, 2010) und vom lustvollen Spiel mit Abhängigkeiten (BurkaBondage, 2009) bis zum anarchischen Fest gegen die Arbeitsdiktatur der Leistungsgesellschaft (feierabend! – das gegengift, 2008). Waldmanns Stücke entstehen in Dhaka, Tokyo, Kabul, aber auch in Teheran, wo sie äußerlich eingeschränkte, aber umso souveränere Frauen in islamischen Staaten feiert (Letters from Tentland – dance under cover, 2005) und die Antworten auf die europäische Asylpolitik durch iranischen Exilantinnen inszeniert (return to sender – Letters from Tentland, 2006). Sie arbeitete in Ramallah mit Menschen, die tanzen müssen, um unter den Umständen der Blockade nicht verrückt zu werden (emotional rescue, 2006) und in Salvador de Bahia, wo sie für ihre von Fremdbestimmung gefangenen Wesen (Headhunters, 2003) den Theaterpreis der UNESCO erhielt.

Waldmanns Choreographien ziehen im Sinne Brechts Parallelen zwischen sozialen und künstlerischen Bedingungen von Produktion, (Selbst-)Ausbeutung und (unfreiwilliger) Zugehörigkeit zu sozialen oder nationalen Gruppen. Für ihre Inszenierung Made in Bangladesh (2014), welche die Lebenswelten von Näherinnen in Südasien in Analogie zum Tänzerprekariat in der westlichen Welt brachte, wurde sie für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST 2015 nominiert. Zuletzt untersuchte sie mit Tänzern, Akrobaten und 22 Mauerbauern das Ansehen des Passes in Hinblick auf die Bewegungsfreiheit, die er garantiert oder nimmt (Gute Pässe Schlechte Pässe, 2017).

Der Öffentliche Empfang zu Ehren der Bertolt Brecht Gastprofessorin der Stadt Leipzig Helena Waldmann fand am

Freitag, 2. November 2018, 18 Uhr
in der Aula der Volkshochschule Leipzig | Löhrstraße 3-7 | 04105 Leipzig statt.

 

Weitere Veranstaltungen:

Screening und Gespräch zu Made in Bangladesh (2014)
REIHEN WEISE FREMD | STRANGE IN SERIES #2
Donnerstag, 22. November 2018, 19 Uhr
Institut für Theaterwissenschaft | Ritterstraße 16 | 04109 Leipzig

Die Grenzen des Möglichen erweitern
Gespräch der Bertolt Brecht Gastprofessorin Helena Waldmann
mit Heike Faude (Festival Theater in Bewegung, Jena) und Patrick Primavesi (Institut für Theaterwissenschaft, Uni Leipzig)
Donnerstag, 29. November 2018, 19.30 Uhr
Ost-Passage Theater | Konradstraße 27 | 04315 Leipzig

Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2018 — Motoi Miura

Im Sommersemester 2018 ging die Bertolt Brecht Gastprofessur der Stadt Leipzig an den japanischen Theaterregisseur Motoi Miura.
Motoi Miura ist einer der bedeutendsten Regisseure des japanischen Gegenwartstheaters mit internationaler Wirkung und Ausstrahlung. Er leitet seit 2001 die japanische Theatergruppe CHITEN („Ort“, „Platz“) in Kyoto und ist mit ihr in Gastspielen u.a. in Moskau, St. Petersburg, London, Frankreich und Deutschland hervorgetreten. Aufsehen erregte seine Inszenierung von Elfriede Jelineks „Kein Licht“ auf dem wichtigsten japanischen Theaterfestival, Festival/Tokyo, 2012. Motoi Miura und CHITEN haben einen eigenen Stil entwickelt, der die Grundzüge des japanischen Puppenspiels Bunraku und Brechts Theorem  der Trennung der Elemente äußerst gewinnbringend verbindet: Eine eigenständige, hochmusikalisierte Stimmführung und ein  ebenso eigenständiges Gestenrepertoire, jeweils differenziert und nuanciert den unterschiedlichen Stücken und Räumen der Inszenierung angepasst.

Miura und CHITEN beziehen sich implizit und explizit auf Brecht: Mit FATZER (2013) hatten sie zwei Gastspiele in Leipzig und bei den Fatzer-Tagen in Mülheim. Im Juni 2019 wird Motoi Miura mit CHITEN im Rahmen des 16. Symposium der International Brecht Society mit dem Titel „Brecht unter Fremden“ in Leipzig zu Gast sein und die Produktion Brechtseller zeigen. Im Rahmen der Bertolt Brecht Gastprofessur im Sommersemester 2018 wird Motoi Miura mit den Studierenden des Instituts für Theaterwissenschaft szenisch zu Die drei Schwestern von Anton Tschechow arbeiten.

 

Der öffentliche Empfang zu Ehren der Ernennung von Motoi Miura zum Bertolt Brecht Gastprofessor fand am Dienstag, 26. Juni 2018 im Alten Senatssaal der Universität Leipzig statt. Am Montag, 2. Juli 2018, wurde eine Diskussionsveranstaltung mit Motoi Miura zum (japanischen) Gegenwartstheater im Ost-Passage-Theater durchgeführt.

Bertolt Brecht Gastprofessur im Wintersemester 2017/18 — Peter Konwitschny

Die Gastprofessur wurde im Wintersemester 2017/18 mit Herrn Peter Konwitschny erstmalig besetzt. Der international renommierte und vielfach ausgezeichnete Musiktheaterregisseur ist einer der wichtigsten und prominentesten Regisseure des internationalen Musiktheatergeschehens der letzten Jahrzehnte. Peter Konwitschny absolvierte ein Regiestudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin und assistierte von 1971 bis 1979 am Berliner Ensemble unter der Intendanz von Ruth Berghaus. Er inszeniert seit 1980 hauptsächlich Opern, aber auch Dramen und Stücke u.a. von Bertolt Brecht, Heiner Müller und Gerhart Hauptmann. Seit 1990 ist er in ganz Europa und darüber hinaus ein gefragter und kontrovers diskutierter Regisseur (u.a. in Graz, Basel, Moskau, Paris, Kopenhagen, Wien, Tokio, Barcelona, Amsterdam, Seoul). 2008–2011 war Konwitschny Chefregisseur der Oper Leipzig. Peter Konwitschny ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, Mitglied u.a. der Akademie der Künste zu Berlin, der Freien Akademie der Künste zu Leipzig sowie Honorarprofessor an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin.

Empfang

Am Montag, 11. Dezember 2017, fand im Ratsplenarsaal des Neuen Rathauses ein gemeinsamer Empfang von Universität und Stadt Leipzig aus Anlass des Amtsantrittes von Prof. Peter Konwitschny statt. Bilder von dieser Veranstaltung finden sich demnächst hier.

Gesprächsrunde

Am Donnerstag, 11. Januar 2018, berichtete Peter Konwitschny in einer Gesprächsrunde mit der Dramaturgin Bettina Bartz und dem Theaterwissenschaftler Günther Heeg über seine Arbeiten der vergangenen Jahre. Die öffentliche Veranstaltung fand im großen Saal der Schaubühne Lindenfels statt.